VOM ENTDECKER ZUR AVANTGARDE: FESTIVAL F.I.N.D.

Stadtmagazin Berlin
03.13.2011
Tobias Schwartz

Trüffel an der Schaubühne. Aus dem Entdeckerfestival F.I.N.D. soll ein Avantgarde-Festival der Superlative werden. Und Wowereit hält ihm den Schirm.

Bescheiden ist es nicht, was die Schaubühne in Sachen internationaler neuer Dramatik vorhat. Sie plant nichts Geringeres als ein Avantgarde-Festival der Superlative. "Wir wollen uns gänzlich neu erfinden", erklärt Schaubühnen-Chef Thomas Ostermeier. Die Größen des fortschrittlichen internationalen Theaters sollen sich auf dem F.I.N.D. (Festival Internationale Neue Dramatik) versammeln, eine Art innovatives Theater der Welt – exklusiv für die Hauptstadt.

Deshalb bekommt das Festival, bei dem seit elf Jahren Ostermeier und sein Dramaturgenteam teils spektakuläre Entdeckungen aus aller Welt präsentieren, sortiert nach Länder und Regionen oder Themenschwerpunkten, eine Neuausrichtung. "Mit der regionalen Suche hören wir auf", sagt der 42-jährige Intendant. "Bislang waren wir wie Trüffelschweine, nur gibt es nicht wirklich überall Trüffel." In Zukunft werde es weniger szenische Lesungen geben, die bislang als Markenzeichen des längst nicht nur als Publikumsmagnet, sondern auch als Fachmesse und Trendsetter im Theaterbetrieb fungierenden Festivals galten. Stattdessen soll das F.I.N.D. wachsen und anstelle der bislang schwerpunktmäßigen Vorstellung von Neuentdeckungen auch durchaus bekannte Schwergewichte versammeln.

Man könnte dieses Konzept auch als eine Kampfansage an das Haus der Kulturen der Welt (HKW) oder die Berliner Festspiele begreifen. In bestehenden Festivals wie den rein deutschsprachigen "Autorentheatertagen" am DT, dem Theatertreffen, "In Transit" am HKW, und auch der oft als eher konventionell kritisierten "spielzeit'europa" der Festspiele sieht Ostermeier jedenfalls keine Konkurrenz. Und Teilzeitkultursenator Klaus Wowereit, Schirmherr des F.I.N.D., hegt Sympathien für die ehrgeizigen Zukunftspläne. "Hier geht es um eine qualitative Ausweitung des Festivals, die wir sehr begrüßen", sagt Kultursenatssprecher Torsten Wöhlert. Und: "Konfliktpotenzial in Richtung HKW oder Berliner Festspiele sehen wir nicht."

Mit 23 neuen Produktionen an zehn Tagen wird das aus Mitteln der Kulturstiftung des Bundes geförderte Festival nun deutlich größer ausfallen als in den vergangenen Jahren. Es werden Gastspiele, Uraufführungen und Workshops präsentiert, und – als ein Festival im Festival – das aus Moskau kuratierte Avantgarde-Programm "Territory-Festival". Neben Lesungen neuer russischer Theatertexte und einem Live-Konzert, steht hier unter anderem die theaterlustige Inszenierung "Schukschins Erzählungen" des lettischen Regisseurs und internationalen Festival-Lieblings Alvis Hermanis mit dem Moskauer Theater der Nationen auf dem Programm.

Erstmals gibt es mit "F.I.N.D. plus" eine Plattform für Regie- und Schauspielstudenten. 60 junge Theatermacher wurden für die erste Ausgabe aus Deutschland, Frankreich und Russland eingeladen. Der Theaternachwuchs schaut sich Produktionen an, tauscht sich über ästhetische Konzepte aus und erhält die Gelegenheit, in Masterclasses oder mehrtägigen Workshops mit den Stars des Festivals und auch mit Ostermeier selbst zusammen zu kommen. ...