EINE GENERATION IN DER WARTESCHLEIFE

Berliner Morgenpost
03.13.2011
Georg Kasch

Russisch, Finnisch, Hebräisch sind nicht gerade gängige Sprachen auf Berliner Bühnen. Insofern ist es der größte Verdienst von F.I.N.D. 2011, dem heute endenden Festival Internationaler Neuer Dramatik an der Schaubühne, einen geballten Rundblick auf das Bühnenleben anderer Länder zu ermöglichen. Nebensache, dass sich der Begriff neue Dramatik dabei als äußerst dehnbar erweist.

Gerade, weil sich dieser zehnte Jahrgang weder um Nationen noch um das Alter der Texte schert, brachte F.I.N.D. 2011 teils großartige Inszenierungen nach Berlin. Allen voran "Schukschins Erzählungen" vom Moskauer Theater der Nationen. Alvis Hermanis, der regelmäßig in Berlin gastierende lettische Theaterzauberer, hat dafür zehn schon etwas in die Jahre gekommene Erzählungen Wassili Schukschins (1929-1974) sensibel ins Heute geholt. Die melancholisch weisen Dorfgeschichten stellt er auf eine hölzerne Bühne mit langer Bank. Nur die Hintergründe wechseln: Monika Pormale hat Bewohner der Altai-Region fotografiert, in der die Geschichten spielen, tiefenscharf und hoch atmosphärisch. Hier skizzieren acht Schauspieler um den grandiosen Jewgeni Mironow plastische, unvergessliche Porträts: Sie erzählen mal komisch, mal mit kleinen Gesten, Blicken und vielstimmigem Gesang von Brautschau und Stiefelkauf, Liebeskummer und Nachbarschaftstratsch. ...