"DAS LAGER" ("IN TRANZIT")

Sebastian Betzold
2010
frankfurt-tipp.de

... "Das Lager" erzählt eine interessante Geschichte, die auf wahren Begebenheiten beruht. Im Gegensatz zu den meisten Filmen rund um den Zweiten Weltkrieg sind die Deutschen hier nicht die Täter, sondern die Opfer – auch wenn die Taten der Nazis weder verschwiegen, verharmlost oder verherrlicht werden. Wenn sich zu Beginn die Wut der russischen Frauen gegen die Deutschen entlädt, auch wenn viele von den Gefangenen keine Nazis waren, so kann man das als Zuschauer sehr gut nachvollziehen. Der Film macht aber auch klar, dass das nicht rechtfertigt, die Gefangenen nun ihrerseits wie Vieh zu behandeln und jeden Funken von Menschlichkeit aufzugeben.

Der Film kann, neben der tollen Kameraarbeit, insbesondere mit den guten Darstellern punkten. Während Daniel Brühl in seiner recht kleinen Rolle ein wenig zu kurz kommt, können sowohl Vera Farmiga ("The Departed") und Thomas Kretschmann ("King Kong") sehr viel mehr von ihrem Talent zeigen. Das schauspielerische Highlight aber liefert wieder einmal John Malkovich ab, der als sadistischer Oberst Pavlov immer wieder für Momente sorgt, in denen es einem als Zuschauer kalt den Rücken herunter läuft.

Allerdings müssen die starken Darsteller gegen ein erstaunlich schwaches Drehbuch anspielen und können sich dabei nur bedingt auf die Inszenierung von Tom Roberts verlassen. Während es einige Szenen gibt, die berühren und mitreißen, so bleiben andere Momente erstaunlich oberflächlich. So gibt es etwa eine sehr bewegende Nebenhandlung um eine junge russische Wärterin und einen deutschen Gefangenen, die sich ineinander verlieben und deren Liebe kein gutes Ende nimmt. Während genau dieser Moment extrem intensiv ist, kann die sich entwickelnde Beziehung zwischen Max und Natalya nur wenig Emotionen hervor rufen. Und auch die Auflösung des großen Geheimnisses von Max und Klaus bleibt weit hinter seinen Möglichkeiten zurück.

Das ist insofern schade, da "Das Lager" das Potential zu einem großen Film gehabt hätte. So ist das Werk "nur" ein sehr gut gespieltes Drama mit eindringlichen Momenten, das aber insgesamt hinter seinen Möglichkeiten zurück bleibt.

BILD + TON: Dank der stark reduzierten Farbgebung macht das saubere und im Ganzen scharfe Bild die Kälte in dem Gefangenenlager geradezu spürbar. Der Ton bleibt eher verhalten und sorgt nur durch gelegentliche Umgebungsgeräusche und kleinere Soundeffekte (Schüsse, Tritte) für ein wenig Dynamik. Gut.

EXTRAS: Bis auf weitere Programmtipps des Anbieters befindet sich leider kein weiteres Bonusmaterial auf der DVD.

FAZIT: "Das Lager" ist ein hervorragend besetztes Kriegsdrama, das eine sehr interessante und auch bewegende Geschichte erzählt, die allerdings unter einer etwas ungelenken Inszenierung zu leiden hat. Die DVD ist technisch adäquat umgesetzt und enttäuscht nur durch das Fehlen jeglichen Bonusmaterials. Empfehlenswert!